Kai Haverwatt? Nur wenigen Zuschauern dürfte der blasse, dünne Junge, der sich am 7. Spieltag dieser Saison zum jüngsten eingesetzten Spieler der Leverkusener Vereinsgeschichte mauserte, ein Begriff gewesen sein. Dabei hätte der Einsatz von Kai Havertz, zu diesem Zeitpunkt gerade mal 17 Jahre und 126 Tage alt und im Gegensatz zu Jan Böhmermann wirklich blass und dünn, eigentlich niemanden überraschen dürfen. Denn so talentiert wie der offensive Mittelfeldspieler sind hierzulande nur wenige.
In seiner Altersklasse genau genommen nur einer.
»Er kann alles, sogar Kopfball«
Nach einer überragenden Saison samt 19 eigener Treffer und der B-Jugend Meisterschaft mit dem Bayer-Nachwuchs wurde Havertz im Sommer mit der Fritz-Walter-Medaille in Silber ausgezeichnet. Es folgte der Sprung ins Profi-Training, wo Havertz von Beginn an überzeugte. Seitdem gehört er zum festen Bestandteil des Profikaders, viermal stand er bereits in der Startelf - bei der knappen Niederlage in München spielte er sogar durch.
Trotz seines jungen Alters bezeichnet ihn Coach Roger Schmidt bereits als »fertigen Spieler«, der »alles kann, sogar Kopfball«. Heraussticht jedoch vor allem seine hervorragende Technik und eine für sein Alter bemerkenswerte Ballsicherheit.
Dabei ist Kai Havertz eigentlich noch Schüler, will in diesem Jahr Abitur machen. Doch während seine Klassenkameraden den Mittwochabend mit Zocken und Dosenbier verbringen, muss Havertz mit Leverkusen schon mal vor 85.000 Zuschauern im Wembley-Stadion dabei helfen, einen knappen Vorsprung bei Tottenham Hotspur über die Bühne zu bringen.
Da er als Fußballprofi auch ein Leben führen muss, das weitgehend Abstinenz von Alkohol erfordert, erspart sich Kai Havertz zumindest das dauerhafte Zücken seines Ausweises am örtlichen Kiosk. Denn fällt er neben der unfassbaren fußballerischen Veranlagung in der Bundesliga vor allem durch eines auf: ein klassisches Milchbubigesicht.
Doch sollte sich niemand von dieser Erscheinung täuschen lassen. Denn der Teenager ist für sein Alter schon jetzt enorm abgebrüht - den Beweis lieferte er bei Leverkusens Pokalspiel gegen die Sportsfreunde Lotte.
Abgebrühter als die alten Hasen
Nachdem auch nach 120 Minuten kein Sieger ermittelt werden konnte, schnappte sich der eingewechselte Jungspund als zweiter Schütze seiner Mannschaft den Ball und verwandelte souverän. Dass Bayer dennoch ausschied, lag an den arrivierten Stammkräften wie Aranguiz, Volland oder Baumgartlinger, denen allesamt die Nerven versagten.
Auch das erklärt, warum Kai Havertz schon jetzt - nicht nur aus Rotationsgründen - den Vorzug vor gestandenen Nationalspielern erhält. Seine Aussichten auf noch mehr Spielzeit stehen in der Rückrunde dementsprechend gut, mit einem Assist am letzten Spieltag vor der Winterpause gegen Köln deutete er bereits an, dass er auch statistisch abliefern kann. Warum also nicht auch seinen ersten Bundesligatreffer vor seinen Abiturprüfungen im April eintüten?
So oder so, für Havertz geht es in den nächsten Monaten darum, bei Bayer zu den anderen Talenten aufzuschließen. Also zu Jonathan Tah, Julian Brandt oder Benjamin Henrichs, die vorgemacht haben, wie schnell es in Leverkusen gehen kann. Und wenn er nur halbwegs bestätigt, was man sich in Leverkusen von ihm erhofft, wird er der nächste sein, der sich ins Schaufenster der internationalen Top-Klubs spielt.
Quelle: http://www.11freunde.de